Wir waren wie betrunken
Als Danny Schleicher und Janik Prottung nach 49 Tagen zum ersten Mal wieder festen Boden unter den Füßen haben, bricht eine Welle der Emotionen über sie herein. Über 5.000 km sind sie bei der härtesten Ruderregatta „World‘s Toughest Row“ über den Atlantik gerudert, haben Seekrankheit, Stürme, zutrauliche Vögel und unvergessliche Momente erlebt.
Anfang Dezember trafen wir die beiden zum ersten Mal kurz vor ihrem Start. Sie erzählten uns alles über ihre Vorbereitungen auf ihr bevorstehendes Abenteuer. Zum Artikel geht es hier. Jetzt wollen wir wissen, wie es Danny und Janik auf der bislang größten Challenge ihres Lebens ergangen ist.
„Dann haben wir nur noch geschrien.“
Der Bart ist weg, nur die für Februar ungewöhnlich gebräunte Haut erinnert noch an ihr Abenteuer auf hoher See. Fast 50 Tage waren Danny und Janik komplett allein auf dem Atlantik, mit Höhen und Tiefen. Was sie in dieser Zeit erlebt haben, wird für sie unvergesslich sein, sind sich Janik und Danny einig. Genauso wie der Augenblick ihrer Ankunft in Antigua: „Kurz vor der Ziellinie wurden wir von einem Medienboot begleitet, das uns immer wieder umrundete bis wir in der Bucht waren. Und dann schreist du und schreist – ich glaube, wir haben fünf Minuten geschrien. Und irgendwann denkst du: ‚Ich wusste gar nicht, dass ich so viel schreien kann.‘ Aber alle um dich herum schreien und du weißt, dass du es endlich geschafft hast.“
Riesige Erleichterung, viele Tränen und purer Stolz machen das Gefühlschaos perfekt. Selbst als Janik und Danny uns Wochen später von ihrem Zieleinlauf erzählen, ist offensichtlich, wie sehr sie die Erinnerung daran immer noch bewegt.
Doch wie fühlt es sich an, wenn man nach so langer Zeit auf einem schaukelnden Boot endlich wieder festen Boden unter den Füßen hat? Die Zwei lachen bei dieser Frage. „Wir sind aus dem Boot gestiegen und erstmal über den Steg geschwankt. Gott sei Dank hat uns jemand an die Hand genommen. Wir haben uns gefühlt wie Betrunkene.“ Mit einem Schmunzeln fügt Janik hinzu: „Die erste Nacht in einem richtigen Bett und dann auf die Toilette wanken, das war echt krass. Wir haben drei bis vier Tage gebraucht, bis wir wieder gerade gehen konnten und dieses Betrunkenheitsgefühl losgeworden sind.“
Wellen bis zu zwölf Meter, viele Unwetter und Stürme – Kentern ist da keine Seltenheit. „Das war das schlimmste, das Kentern“, erzählt Danny auf die Frage, nach den schwierigen Momenten auf See. „Plötzlich war ich im Wasser und als ich auftauche, ist Janik weg. Dieser Schockmoment, bis ich ihn auf der anderen Seite des Boots im Wasser gesehen habe, war furchtbar“. Janik nickt zustimmend und ergänzt: „Zum Glück ist nichts schlimmeres passiert, ich habe nur einen meiner beiden Airpods verloren, was natürlich nervig war, da ich keinen Ersatz hatte.“
Aber selbst als sie uns erzählen, wie alle drei Auto-Piloten ausgefallen sind, so dass sie die letzten 150 Meilen mit dem Fuß lenken mussten, haben Danny und Janik ein Lächeln auf den Lippen. Die Schwierigkeit, ohne Autopilot in die schmale Zielbucht zu manövrieren, erwähnen sie in einem Nebensatz. „Du hast keine Wahl, du musst einfach hinkommen. Da musst du die Zähne zusammenbeißen.“
Trotz der Strapazen wie Seekrankheit, Schlafmangel, Blasen an den Händen uvm. gab es auch wunderschöne Momente. „Die kleinen Feste, die wir zusammen auf See gefeiert haben – Weihnachten, Silvester, mein Geburtstag … das werde ich nie vergessen“, ist sich Danny sicher. Janik schwärmt von der atemberaubenden Natur: „Wir haben nachts einmal einen Delfinschwarm gesehen und auch Orcas und Haie. Und dieser wunderschöne, weiße Vogel. Wir haben ihn Mahone getauft. Er hat uns ab dem neunten Tag begleitet und kam immer wieder. Er hat sogar versucht auf unserem Boot zu landen. Das war toll.“
Und wie geht es nun weiter? Danny und Janik sind bereits zurück im Berufsleben, aber ihre beiden Herzensprojekte, für die sie an den Start gegangen sind, verfolgen sie weiter: „Für Bali Children’s Project und Ozeankid kann immer noch gespendet werden. Wir werden dafür bei der Euro Masters Regatta in München sein und hoffen, dass dort nochmal ein gutes Sümmchen zusammenkommt. Wer unterstützen möchte, kann dies jederzeit über unsere Homepage tun.“ Und dann? Konkrete Pläne haben Janik und Danny bezüglich neuer Abenteuer noch nicht. Aber klar scheint, dass dies nicht ihr letztes war.
Vielleicht sehen wir sie ja irgendwann bei der Pierra Menta, eines der größten Skitourenrennen in den Alpen wieder …
Interview & Text: Magdalena Menzel
Fotos: ©World’s Toughest Row, ©NOT TODAY
- Start: 13.12.2023 in San Sebastián, La Gomera, Kanarische Inseln (Spanien)
- Ziel: 31.01.2024 in Nelson’s Dockyard, Antigua (Karibik)
- Dauer: 49 Tage 4 Stunden 6 Minuten
- Länge: 2.737 Nautische Meilen (entspricht ca. 5.068,924 km)
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 2,5 Knoten, mit Rückenwind bis 16,5 Knoten
- Höchste Welle: 12 m
- Rhythmus: 2 Stunden Rudern, 2 Stunden Schlafen