Arved Fuchs: Dem Klimawandel ist das ziemlich egal

Der bekannte deutsche Abenteurer Arved Fuchs ist wieder unterwegs! Ziel der diesjährigen Etappe ist die geheimnisvolle Bäreninsel in der Barentsee (Arktischer Ozean) sowie die Norwegensee (Europäisches Nordmeer).

Mehr als 40.000 Seemeilen rund um den Atlantik und den „Golfstrom“ hat Arved Fuchs im Rahmen seiner „OCEAN CHANGE“ Expeditionsreihe schon zurückgelegt – für die Wissenschaft. Und auch diesmal wird er wieder Daten sammeln, um Veränderungen und ihren Auswirkungen auf das Klima und die Küstenlandschaften sichtbar zu machen. Wie immer mit dabei: Sein eisgängiger Segelkutter Dagmar Aaen (Baujahr 1931), seit 36 Jahren Arveds treue Wegbegleiterin.

Der Polarforscher und Buchautor Arved Fuchs ist der erste Mensch, der sowohl den Nordpol als auch den Südpol innerhalb eines Jahres zu Fuß erreicht hat.

Während Corona führte unser CEO Markus sein erstes Interview mit der Polarlegende. Jetzt hat er ihn erneut gesprochen – nur 24 Stunden vor dem Start seiner aktuellen Expedition OCEAN CHANGE 2024.

Arved, schön, dass es wieder geklappt hat und du dir so kurz vor eurem Start noch ein paar Minuten für uns nehmen kannst.

Sehr gern, ja es ist hektisch gerade. Morgen ist die Pressekonferenz und dann geht es auch schon los. Ich freue mich sehr auf die Bäreninsel.

Dort warst du ja 1991 das letzte Mal.

Ja, vorbeigefahren bin ich seither öfters – sie liegt ja quasi auf dem Weg gen Norden – aber anlanden darfst du ja nur mit einer Sondererlaubnis und die haben wir uns nun besorgt.

Start am 18. Juni 2024 in Kiel über die Norwegensee im Europäisches Nordmeer bis zur Bäreninsel im Arktischen Ozean. Rückkehr im Heimathafen Flensburg wird wetterabhängig Mitte September 2024 sein.

1988 erwarb Arved Fuchs den ehemaligen dänischen Fischkutter Dagmar Aaen (Baujahr 1931) und baute ihn zum Expeditionsschiff mit zusätzlicher Eisverstärkung um. Seitdem ist Dagmar Aaen auf allen Grönlandfahrten mit dabei.

Erwartest du bestimmte Veränderungen vor Ort?

Nein. Nur das leider Übliche, was man überall in der Polarregion seit einigen Jahren immer stärker wahrnimmt und was ja auch hinlänglich bekannt ist.

Wir wollen vielmehr die Insel ansteuern, um an Land und um sie herum Messungen zu machen für unsere Wissenschaftspartner den Deutschen Wetterdienst, das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und dem Institut für Ostseeforschung Warnemünde.

Unser Schiff, die Dagmar Aaen, wird dabei die schwimmende Hightech-Basis sein und alle Daten nicht nur zu den Wissenschaftlern sondern live (online unter beluga.geomar.de) in alle Welt funken. Mir ist es sehr wichtig, möglichst viele Menschen für das Thema Klimawandel zu sensibilisieren und für die Wissenschaft zu begeistern. Die Bäreninsel eignet sich dazu hervorragend.

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Die Bäreninsel soll schon Seefahrern aus der Wikingerzeit bekannt gewesen sein. Im 20. Jhdt. wurde sie v.a. industriell genutzt (Bergbau, Fischerei, Walfang). Heute ist die Insel – abgesehen von einer meteorologischen Station für Forscher – unbewohnt.

Warum genau?

Schon der Landgang dort ist etwas Besonderes. Wie gesagt, das darf man nicht so einfach. Und auf der Insel selbst gibt es neben der ganzen Tierwelt viele Zeugnisse früherer Besiedlungen durch den Menschen – zum Beispiel ein heute verlassenes Bergwerk. Das ist schon alles sehr spannend.

Die Insel hat einfach eine geheimnisvolle Geschichte. Und wenn ich in den Jahrzehnten meiner Arbeit eines gelernt habe, dann dass es wichtig ist, inhaltliche Themen spannend zu verpacken. Vor allem, wenn man ein an sich eher rationales Thema für möglichst viele Menschen öffnen will. Und genau das wollen wir ja mit dieser Expedition wieder versuchen.

Arved ist auch beim Klimaprojekt „Eye on water“ am Start: Über die App kann jede*r Messdaten über Süß- und Salzgewässer hochladen und so einen Beitrag zur Wissenschaft leisten. Mehr unter eyeonwater.org

Du erwähnst die Allgemeinheit – was hältst du von den Anstrengungen allerorten rund um Klimawandel und Umweltschutz – bist du zufrieden?

Sagen wir es so: Die Richtung stimmt, nur das Tempo ist manchmal zum Haare raufen. Aber man darf nicht verzweifeln – „never give up“ sage ich immer. Und man muss immer wieder das Positive betonen. So hätte beispielsweise vor 20 Jahren doch niemand gedacht, dass es einem Industrieland wie Deutschland jemals gelingen würde einen so hohen Anteil seiner Energie über Erneuerbare zu decken, wie uns das heute möglich ist. Das ist schon beeindruckend.

Andererseits hat der Klimawandel in der öffentlichen Wahrnehmung durch die politischen und militärischen Krisen starke Konkurrenz bekommen. Das kann ich sehr gut verstehen, denn es beschäftigt und belastet die Menschen natürlich viel mehr, wenn solch schreckliche Dinge quasi direkt vor unserer Haustür passieren. Mich belastet das ja auch.

Nur eines muss uns als Menschheit sonnenklar sein: Dem Klimawandel ist das ziemlich egal! Er schreitet einfach weiter voran. Deshalb ist es so wichtig, nicht nachzulassen und immer wieder den Fokus darauf zu lenken.

Lieber Arved, Danke dir für deine Zeit und komm gesund zurück!

Arved ist Botschafter des deutschen Komitees der aktuellen UN-Ozeandekade und Zeitzeuge des Klimawandels. Er widmet sein Leben seit über 40 Jahren dem Schutz der Polarregionen und der Ozeane.

Mehr Infos zu Arved Fuchs und OCEAN CHANGE 2024 gibt es auf seiner Homepage unter arved-fuchs.de

Seine meteorologischen und ozeanographischen Messdaten wie z.B. Salzgehalt, CO2-Sättigung und Temperatur des Oberflächenwassers können frei verfügbar in Echtzeit 24/7 auf der Plattform beluga.geomar.de nachverfolgt werden.

Interview und Text: Markus Schaumlöffel
Copyright Fotos: © Arved Fuchs Expeditionen

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