Der auf dem Rad schläft:
Extremabenteurer Jonas Deichmann
Der Profi-Abenteurer und Extremsportler Jonas Deichmann lebt von und für seine Passion. Eine Wohnung hat er nicht.
Aktuell absolviert er als erster Mensch einen weltumspannenden Triathlon, wobei wir ihn medial begleiten und immer wieder auf unseren Kanälen berichten. Kurz vor dem Start haben wir mit ihm gesprochen.
Jonas, Danke, dass Du so kurz vor dem Start Deines bislang größten Projekts noch Zeit hast, kurz mit uns zu sprechen – wo bist Du gerade?
Jonas: Bei meiner Mutter, 4.000 Bücher signieren, die gerade vom Verlag angeliefert wurden. Das heißt stundenlang Stillsitzen – ein Horror (lacht).
Wobei Du bei Deinen wochenlangen Ultra-Abenteuern doch auch sehr geduldig sein musst, oder nicht?
Jonas: Stimmt schon, aber da bin ich ja dauernd in Bewegung, erlebe Neues und muss mich ständig konzentrieren.
Ich weiß, was ich leisten kann
In wenigen Stunden wirst Du von München aus für ein Jahr im Triathlonmodus die Welt umrunden – aufgeregt?
Jonas: Ja und Nein. Ja, weil ich ob des beginnenden Medienhypes gerade merke, welche Geister ich mit meiner Ankündigung gerufen habe. Nein, weil ich weiß, dass ich das leisten kann.
Keine Sorge vor Russland? In Deinem Buch Cape to Cape beschreibst Du die Passage durch dieses Land auf dem Weg vom Nordkap nach Kap Horn als „echten Horror“.
Jonas: Das war sie auch. Der Verkehr und das Wetter dort sind schon krass. Aber ich hoffe mal, das wird im sibirischen Winter nicht das eigentliche Problem.
Ich habe geübt, wie man bei -25 Grad einen Platten flickt
Du fährst im Winter per Fahrrad durch Sibirien? Hätte man das nicht anders planen können?
Jonas: Schon, aber die Südrouten sind politisch viel instabiler und Kälte kann man in den Griff bekommen, wenn man sich ausreichend vorbereitet. Gestern war ich deshalb zum Beispiel in der Kältekammer der Deutschen Bahn und habe geübt bei minus 25 Grad einen Platten zu flicken.
Du bist Perfektionist, gibst alles für Deine Ziele – im Buch kommt das manchmal fast schon etwas verbissen rüber. Keine Sorge irgendwann mal zu bereuen, dass Du zwar alle Länder durchmessen, dabei aber immer nur auf die Uhr geschaut hast?
Jonas (überlegt): Ich weiß, was Du meinst. Die Story im Buch ist natürlich verdichtet. In Echt steht für mich das tägliche Erlebnis im Fokus. Allerdings kommst Du bei solchen Projekten vom stundenlangen Verweilen an einem Ort natürlich auch nicht ans Ziel. Der Rekord ist letztlich eine angenehme Nebensache, für mich als Profi jedoch aktuell medial natürlich nicht unwichtig.
Ein CO2-neutraler Lebensstil ist mir wichtig
Nun bist Du bald Mitte dreißig – schon mal über den Jonas in 20 Jahren nachgedacht?
Jonas: Das Gute am Ultradistanzsport ist, dass man auch noch mit Mitte fünfzig auf höherem Niveau mithalten kann. Aber Du hast schon Recht: Irgendwann wird es wohl mehr um Abenteuer und weniger um Speed gehen. Das wäre für mich aber auch OK, solange ich tun kann, was mir Spaß macht.
Du lebst ohne Wohnung. Was heißt das genau?
Jonas: Dass ich draußen schlafe – im Zelt oder Biwaksack – und mich überall hin mit dem Fahrrad bewege, auch zu meinen Vorträgen. Ein CO2-neutraler Lebensstil ist mir wichtig und ich ziehe das durch. An zwei Orten in Europa habe ich aber einen großen Rucksack und die Möglichkeit dort auch mal für längere Zeit unter zu kommen.
Am meisten freue ich mich aufs Schwimmen
Eine Frage noch – Du sagtest ja Triathlonmodus. Wo genau wirst Du die Distanz schwimmend zurücklegen?
Jonas: An der Adria beispielsweise. Über etwa 400 Kilometer. Dabei werde ich ein selbstgebautes Floß mit dem Nötigsten hinter mir herziehen. Darauf freue ich mich fast schon am meisten, weil es so anders ist als Radfahren oder Laufen. Letzteres werde ich übrigens durch die USA.
Danke Dir für das Gespräch, bleib gesund und viel Glück.
Interview und Text: Markus Schaumlöffel
Fotos: Jonas Deichmann
Foto in Istanbul: @Daniel Rintz
Seinen Film „Cape to Cape“ kann man sich auf vimeo ansehen.
Das Buch „Cape to Cape“ ist im Delius Klasing Verlag erschienen.